Andreas von Arx
Der Rothrister Feuerwehr Kommandant im Interview
Florain Randegger, Fachspezialist Fischerei des Kantons Aargau und Thomas Kieser, stellvertretender Leiter Werkhof Lenzburg.
Bild: Adrian Oberer
Für seine Gewässer ist Lenzburg nicht gerade bekannt. In ihnen tummelt sich aber mehr Leben, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Am Naturspaziergang, organisiert vom Natur- und Vogelschutzverein Lenzburg, erfuhren Interessierte mehr zu den Lenzburger Kleingewässern und seinen Bewohnern.
Lenzburg Das Schloss hoch über der Stadt, die schnuckelige Altstadt zu dessen Füssen: Das sind wohl die strahlkräftigsten Wahrzeichen Lenzburgs. Für seine Gewässer ist die Stadt dagegen beileibe nicht bekannt. Aber auch im Kleinen beheimaten Lenzburgs Bäche und Weiher eine faszinierende Unterwasserwelt. Am Naturspaziergang des Natur- und Vogelschutzvereins Lenzburg vom Samstag, 21. September, gewährten Thomas Kieser, stellvertretender Leiter Werkhof, und Florian Randegger, Fachspezialist Fischerei beim Kanton, den rund 15 Interessierten einen Einblick in die Welt der Lenzburger Kleingewässer.
Der städtische Werkhof übernahm 2018 Pflege und Unterhalt des kleinen Weihers im Widmi-Quartier. Algen hatten sich im gesamten Teich ausgebreitet, sonst wuchs ausser Gräsern kaum etwas, wie Thomas Kieser berichtete. Erst durch das gezielte Setzen von Seerosen und sonstigen Wasserpflanzen konnte das Ökosystem wieder ins Gleichgewicht gebracht werden – ehe das nächste Problem auf das kleine Gewässer zukam: Goldfische.
Wer die Tiere einbrachte, ist nicht bekannt. Sie vermehrten sich aber ungebremst. Da man die Tiere nicht alle töten wollte und ein komplettes Abfischen kaum möglich gewesen wäre, entschied die Stadt, ein paar Egli auszusetzen. Mit Erfolg: Der Bestand von Goldfischen und Egli stabilisierte sich, der Widmi-Weiher ist einmal mehr im Gleichgewicht.
Gespiesen wird der Weiher mit Quellwasser aus der Brunnenstube Brunnmatt. Durch eine unterirdische Rohrleitung fliesst das Wasser anschliessend weiter in den Stadtbach. Dieser markierte auch die nächste Station des Naturspaziergangs, denn das kleine Fliessgewässer hält mehr Überraschungen bereit, als es von blossem Auge den Anschein macht.
Neben Fischen tummeln sich nämlich auch Krebse im Stadtbach. Wie Florian Randegger erklärte, gibt es in der Schweiz drei einheimische Krebsarten. Grössster der drei ist der Edelkrebs. Lange Zeit weit verbreitet und in Klöstern gar als Fastenspeise gezüchtet, ist die Art heute vom Aussterben bedroht. Sogar stark bedroht sind der Stein- und der Dohlenkrebs, die weiteren einheimischen Arten. Neben dem Verschwinden passender Lebensräume seien es vor allem eingeschleppte Krebsarten, die den hiesigen Bestand bedrohen, wie Randegger ausführte.
Die drei aus Nordamerika eingeführten Arten seien nämlich allesamt Träger der Krebspest. Die Krankheit tötet ganze Populationen von Edel-, Stein- und Dohlenkrebsen innerhalb weniger Wochen. Das sei auch der Grund, warum die grossen Seen und Flüsse in der Schweiz ausschliesslich von fremden Krebsarten besiedelt sind. Im Lenzburger Stadtbach aber scheinen sich die hier ansässigen Edel- und Steinkrebse wohlzufühlen.
Viel brauchen die kleinen Krabbler eigentlich auch gar nicht, um sich wohlzufühlen. Wichtig sei eine gute Wasserqualität. Wie viele andere Lebewesen sind die Krebse sehr anfällig für Verschmutzungen durch Pestizide. Weiter ist ein regelmässiger Eintrag von Laub oder Totholz ins Gewässer notwendig, da sich die Krebse neben Insekten, deren Larven und Aas hauptsächlich von abgestorbenem, organischem Material ernähren. Ansonsten sind die Krebse auf genügend Rückzugsräume angewiesen, um sich vor Fressfeinden zu verstecken.
Letzteres ist auch der Grund, warum der Stadtbach in Lenzburg oft zugewachsen ist, wie Thomas Kieser erklärte. Sie erhalten demnach immer wieder Anfragen aus der Bevölkerung, warum die Böschung nicht wie aktuell zurückgeschnitten wird. Das wäre beim Vorbeispazieren zwar schöner anzuschauen, würde vielen Tieren aber wichtigen Lebensraum nehmen. Deshalb wird die Böschung nur einmal jährlich gemäht. Wechselseitig auf beiden Bachseiten lassen die Werkhofsmitarbeiter zudem jeweils die Vegetation etwas höher stehen, so dass sich die Bachbewohner weiterhin verstecken können.
Wer sich diese spannenden Tiere selbst einmal anschauen möchte, muss entweder früh auf oder spät ins Bett. Krebse sind nämlich nachtaktiv. Nach Einbruch der Dämmerung bis Mitternacht sind sie am aktivsten, ehe sie eine kurze Pause einlegen und sich in den Stunden vor dem Morgengrauen noch einmal auf die Suche nach Futter machen. Wer zu gegebener Zeit aber mit einer Taschenlampe den Stadtbach abläuft, wird sicher den ein oder anderen Krebs sichten.
Zum jetzigen Zeitpunkt gilt es aber bereits, Vorsicht walten zu lassen. Während der späten Herbst- und Wintermonate sind Fische wie auch Krebse mit der Fortpflanzung beschäftigt. Gewässer sollten in diesem Zeitraum möglichst nicht gestört werden.
Von Adrian Oberer
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