Antonia Anner
über das Chlauschlöpf-Training in Ammerswil
1891 gegründet, blickt die Musikgesellschaft Kölliken (MGK) auf eine 133-jährige Vereinsgeschichte zurück. Co-Präsident Robert Messer ist seit fast 50 Jahren mit dabei und hat einiges zu erzählen.
Bis vor ein paar Jahren sind wir in der Kategorie «3. Klasse Fanfare Mixed» an eidgenössischen und kantonalen Musikfesten gestartet. Mit aktuell elf Mitgliedern könnten wir aber gar nicht mehr an Wettbewerben teilnehmen; Marschmusik ist schon länger nicht mehr möglich. Wir haben – wie viele andere Vereine in der Region – ziemlich Mühe, Nachwuchs zu finden. Die Musikschulen sind zwar recht gut ausgebaut, doch sind Blasmusikinstrumente scheinbar nicht so beliebt wie etwa Klavier oder Gitarre. Die Pandemie hat uns in Bezug auf die Mitgliederzahl unmittelbar nicht besonders stark betroffen. Als der Probebetrieb wieder aufgenommen werden durfte, sind auch alle wieder gekommen. Allerdings kam es nach dem Jahreskonzert 2023 zu einigen Austritten. Das haben wir deutlich zu spüren bekommen.
Wir spielen Unterhaltungsmusik mit Walzern, Polkas und vermehrt auch modernen Stücken aus der aktuellen Zeit, die für Blasmusik arrangiert wurden. Die Musikverlage haben auf die veränderte Situation reagiert und geben angepasste Arrangements für verschieden grosse Formationen heraus, sodass auch mit einer kleinen Formation ein grossartiger Sound entstehen kann.
Die Zeiten, als ein Marsch nur schon im kleinen Blech sechsstimmig besetzt war (drei Flügelhörner und drei Trompeten), sind vorbei. Heute sind die Aufteilungen der Stimmen individueller und flexibler. Bei den Jahreskonzerten unterstützt uns noch ein E-Bass. Gerade bei den rockigen und funkigen Stücken lässt sich so ein toller, bassiger Groove herausholen. Wir dürfen auch auf einen versierten Schlagzeuger zählen, der mit unserem Verein sehr verbunden ist.
Ja, einmal im Jahr, häufig am letzten Oktobersonntag. Als ich 1975 der MGK beitrat, haben wir zum 80. Geburtstag jeweils noch individuelle Geburtstagsständchen gebracht, zu Hause oder in einem Restaurant, je nachdem. Im Laufe der Zeit hat die Anzahl Jubilare zugenommen, sodass wir angefangen haben, einmal im Jahr die Jubilare für ein besonderes Konzert einzuladen. Wir dürfen dafür kostenlos das Kirchgemeindehaus Arche benutzen, die Gemeindevertreter überbringen die Glückwünsche. Das hat sich bewährt und ist immer ein sehr schöner und beliebter Anlass. Für viele ist es auch eine Art Klassenzusammenkunft.
Zu Beginn hiessen wir «Feldmusikgesellschaft Kölliken» und hatten noch Uniformen im militärischen Stil. Ich denke, das war damals angelehnt an die Luzerner Musikvereine, die mit der Militärmusik stark verbunden waren. Man spielte damals vor allem Märsche und Polkas. Unterhaltungsmusik wäre zu dieser Zeit undenkbar gewesen. In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts begann man, auch Medleys von einheimischen Stücken darzubringen.
Früher waren Musikvereine geschlechtermässig noch nicht durchmischt, es herrschte ein etwas steifer und förmlicher Rahmen. Als ich 1975 als 16-Jähriger mit vier Kollegen in die MGK eintrat, mussten wir unsere älteren Kollegen noch siezen. Das hat uns nicht gepasst und wir drohten an der Generalversammlung mit unserem Austritt. Einer nach dem anderen kam dann auf uns zu, um uns das Du anzubieten. Aber mit dem Dirigenten, dem Herrn Musikdirektor, war niemand per Du.
Früher – noch vor meiner Zeit bei der MGK – gab es grosse Unterhaltungsabende, die damals im Rössli-Saal stattfanden. Das waren Konzerte mit anschliessendem Theaterstück in drei oder sogar vier Akten. Viele von uns hatten dann eine Doppelrolle als Musiker und auf der Theaterbühne, das war ein gewaltiger Aufwand, nicht nur beim Proben. Danach be-schränkte man sich auf den musikalischen Aspekt.
Auch die Jahreskonzerte sind heute anders gestaltet als noch in den 70er Jahren, als ich bei der MGK anfing. Damals startete das Konzert abends relativ spät, dafür dauerte es bis in die frühen Morgenstunden. Gegessen wurde erst nach Mitternacht. Später gab es vor dem Konzert ein Abendessen und nach dem Konzert eine Kaffeestube und Barbetrieb. Eine Zeit lang hatten wir auch eine Tanzmusik nach dem Konzert. Heutzutage ist das alles viel reduzierter.
Das Jahreskonzert 2024 haben wir gemeinsam mit der MG Safenwil-Walterswil in Safenwil durchgeführt. Das hat sich so ergeben: Das Jahreskonzert 2023 kündigten wir als das letzte Konzert im bis dahin bekannten Rahmen an, da wir bereits damals wussten, dass vereinsintern grössere Veränderungen anstehen. Nach dem Konzert suchten wir nach neuen Wegen. In einem Gespräch mit einem Mitglied der MG Safenwil-Walterswil stellte sich heraus, dass sich die MG Safenwil-Walterswil in einer ähnlichen Situation befindet. Wir trafen uns zu Sitzungen und beschlossen, ein gemeinsames Jahreskonzert durchzuführen. Gesagt, getan. Es war ein tolles Konzert und eine schöne Erfahrung, aber auch ein einmaliges Projekt. Für eine weitere Zusammenarbeit konnte schlussendlich kein gemeinsamer Konsens gefunden werden. Wir beabsichtigen, die Konzerte wieder alleine in kleiner Besetzung durchzuführen, sind aber grundsätzlich offen für Spielgemeinschaften.
Wir haben nebst dem Jahreskonzert im Frühling und dem Jubilarenkonzert im Herbst im Laufe des Jahres jeweils verschiedene Auftritte. Wir begleiteten im laufenden Jahr Gottesdienste, spielten an der 1. August-Feier und traten am Altersheimfest wie auch am Neuzuzügeranlass auf. Das ist unkompliziert und macht uns grossen Spass. Wir möchten nicht nur proben, sondern auch gerne auftreten. Vorgesehen ist eine Teilnahme am kantonalen Musiktag in Sulz, der am 31. Mai und am 1. Juni 2025 stattfinden wird. Da werden wir spielen. Zudem werden an Musiktagen jeweils die Veteranen für ihre langjährige Mitgliedschaft geehrt, zu denen ich mich nach 50 Jahren aktivem Musizieren dann auch zählen darf (lacht).
Die jungen Musizierenden erhalten heutzutage in den Musikschulen eine ausgezeichnete Ausbildung auf jedem Instrument. Zudem sind sie online sehr gut vernetzt und machen gerne gemeinsame Projekte, ohne grosse Verantwortung oder Verpflichtungen. Danach geht man wieder getrennte Wege und schaut weiter. Die Jungen haben oftmals weder Lust noch Zeit, sich zum Beispiel in einem Vorstand zu engagieren. Sie sind oft auch eingespannt im Beruf, in der Familie, und haben vielleicht noch andere Verpflichtungen. Es sind verschiedene Aspekte in der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die dazu beitragen, dass Vereine heute mit den allgemein bekannten Problemen kämpfen.
Wir nehmen vorab. Ich hoffe, wir können am Sonntag, 8. Dezember 2024, unser Kirchenkonzert durchführen und dann im März wieder ein Jahreskonzert geben, in welcher Form auch immer. Wie gesagt, grundsätzlich sind wir offen für eine Zusammenarbeit mit anderen Musizierenden oder auch einem Chor. Es können gerne auch andere Instrumente zu uns stossen. Auf jeden Fall machen wir weiter, so lange es geht, und geben uns alle Mühe, die MGK weiterzuführen und diverse Anlässe weiterhin musikalisch abzudecken. Eine 1. August-Feier ohne Musikgesellschaft wäre doch nicht dasselbe, nicht wahr?
Nun, ich vertrete die Meinung, dass Musik machen das beste Antidepressivmittel überhaupt ist. Es ist mehr oder weniger kostenlos, macht nicht weh, hat keine Nebenwirkungen, aber es hilft sehr, wenn es einem schlecht geht. Und wenn man süchtig wird, macht das gar nichts, ganz im Gegenteil.
Interview: Olivier Diethelm
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