Antonia Anner
über das Chlauschlöpf-Training in Ammerswil
Die Förderkommission der Stadt Aarau hat Anfang des Jahres eine neue Stadtkünstlerin gewählt. Nun zeigt Elena Tamburini im Rathaus ihre Kunst. Die Malerin beschäftigt sich darin mit tiefgründigen Themen und zeigt, dass man mit einem Porträt genauso viel erzählen kann wie mit einem Landschaftsgemälde.
Aarau In einem behördlichen Gebäude geht es, wie es sich gehört, zumeist sehr bürokratisch zu und her. So auch im Aarauer Rathaus. Seit dem 9. November und bis zum 7. Februar des neuen Jahres, dient das Gebäude aber teilweise auch als Kunstgalerie. Elena Tamburini wurde heuer von der Kulturförderkommission als Stadtkünstlerin Aaraus ernannt und zeigt in ihrer Ausstellung «I told you that we could fly»ihre Arbeiten.
Elena Tamburini führt durch das Erdgeschoss. Hier befinden sich vier Einzelarbeiten und eine Serie mit dem Titel «The Asylum». Sie arbeite hauptsächlich in Serien, verrät Elena Tamburini. In «The Asylum » thematisiert die Künstlerin unter anderem ihre eigenen Erfahrungen, die sie bei einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik gemacht hat. Wie sich bei einem Gang durch die gesamte Ausstellung herauskristallisiert, erzählen alle Serien Geschichten; einige sind fiktiv, andere beinhalten autobiografische Elemente. Dennoch sei jedem selbst überlassen, was er in die Kunstwerke hineininterpretieren möchte, betont Elena Tamburini: «Im besten Fall berühren meine Arbeiten den Betrachter auf irgendeine Art und Weise. Wenn es nicht passiert, ist es auch nicht tragisch.»
Als Grundlage dienen der Aarauerin jeweils Bilder aus dem Internet. Sie wählt diese intuitiv und ändert sie so ab, dass sie zu ihrem Eigenen werden: «Das Foto ist für mich wie ein Gerüst, worauf ich dann arbeite. Es gibt Bilder, die sind näher am Sujet, andere verfremde ich mehr», stellt sie fest.
Elena Tamburinis Arbeit beinhaltet persönliche Elemente. Eine grosse Inspirationsquelle sei jedoch auch die Musik, die als ständige Begleiterin fungiert, sowie die Literatur. Die musikalischen Stilrichtungen gingen querbeet. Ausser Schlager, den höre sie nicht, erzählt die Künstlerin lachend. Musik war es auch, die der Ausstellung ihren Titel gegeben hat. «I told you that we could fly» ist eine Zeile aus dem Lied «Never Tear Us Apart» von der australischen Rockband INXS.
Die Ausstellung ist über alle Stockwerke des Gebäudes verteilt. So befindet sich im ersten Stock eine Serie, die nach dem Lied «Ballad of a thin man» von Bob Dylan benannt wurde, dessen Inhalt aber nichts mit den Gemälden zu tun hat. Diese zeigen die Geschichte von zwei Menschen, die aneinander vorbeileben. Zusätzlich erlaubt die Künstlerin in einem Fotoalbum mit Skizzen einen tieferen Einblick in das Wesen des Mannes, der in der Geschichte vorkommt.
Ein Stockwerk weiter oben ergänzen sich die beiden Serien «About the empty space» und «At the end of the race». Auf Deutsch: «Über den leeren Raum» und «Am Ende des Rennens». Die erste Serie wurde durch das Gedicht «No help for that» inspiriert. Der Dichter Charles Bukowski schrieb darin über eine Leere im Herzen, die während und trotz den schönsten Momenten im Leben bestehen bleibt. Etwas, was die Bilder eindrücklich widerspiegeln.
Zuoberst angekommen fallen sofort die zahlreichen Zeichnungen ins Auge, die den Grossteil der Wand zieren. «Es sollen am Schluss 10'000 Zeichnungen werden», merkt die 32- jährige Künstlerin an. Sie hat vor einem Jahr damit angefangen und hat mittlerweile 200 Zeichnungen und Briefe zusammen. «Hier geht es vor allem um Austauschbarkeit und Ersetzbarkeit», erzählt sie und fügt an: «Es ist teilweise eine autobiografische Arbeit, anderseits beinhaltet sie auch fiktive Elemente.
Obwohl das Rathaus nicht als Kunstausstellungsraum gedacht ist, scheint es gut mit den Gemälden von Elena Tamburini zu interagieren. Dies stellt auch Anna Leibbrandt, Zuständige für die Kunstsammlung der Stadt Aarau, fest: «Es ist sicherlich nicht der einfachste Raum, um auszustellen. Dennoch fügen sich die Arbeiten so ein, als wäre er dafür gemacht.»
Wird man von der Kulturförderkommission als Stadtkünstler/in auserwählt, geht das mit einem einmaligen Förderbetrag von 10'000 Franken einher. «Das Stadtkünstler- Konzept existiert seit dem Jahr 2021, seit dann gibt es auch die Kulturförderkommission », erzählt Anna Leibbrandt. Die Kommission setzt sich aus verschiedenen Kulturschaffenden aus den diversen Kultursparten zusammen und ist für die jeweiligen Nominationen für den Förderbetrag verantwortlich. «Man kennt die Kunstschaffenden aus der Region und findet immer wieder jemanden Neues. Dann stellt man sich die Frage, beim wem denn ein Boost gerade passen würde – es ist eine sehr punktuelle Förderung», erklärt Anna Leibbrandt. Die Kunstschaffenden würden dann schliesslich angefragt und bis jetzt habe es noch keine Absage gegeben. Es sei nämlich freigestellt, ob man beim Erhalt des Förderbetrags auch eine Ausstellung machen möchte. «Für uns ist es natürlich toll, wenn wir die Ausstellungen zeigen dürfen», sagt Anna Leibbrandt und ergänzt: «Das Schöne ist, dass es sicher Leute sehen, die eben nicht explizit nur für die Ausstellung kommen, sondern hier arbeiten oder einen Termin wahrnehmen müssen.»
Von Gemma Chillà
Am Samstag, 25. Januar 2025, um 11 Uhr findet die zweite kostenfreie Führung durch die Ausstellung mit der Künstlerin statt.
Lade Fotos..